
Damit eine Fusion gelingt, muss man sich Zeit nehmen können
Die beiden grossen unabhängigen Vermögensverwalter Pleion und Probus sind aufeinander zugegangen und bilden nun ein einziges Unternehmen, das eine Vermögenssumme von 4 Milliarden Franken verwaltet und 13 Büros in der Schweiz und dem Ausland unterhält. Die Komplementaritäten sind offensichtlich: Auf der einen Seite bietet Pleion Leistungen in den Bereichen Family Office, Vorsorge und Corporate Finance, und auf der anderen stellt Probus Asset-Management-Kompetenzen und Nischenfonds bereit. Patrick Héritier beleuchtet diese Annäherung und ihre verschiedenen Etappen.
Wie verlief die Annäherung zwischen Pleion und Probus, zwei Unternehmen, die 1980 resp. 1984 gegründet wurden?
Patrick Héritier: Die ersten Kontakte zwischen Antoine Darioli, dem Mehrheitsaktionär von Pleion, und Georges de Preux, dem Präsidenten von Probus, fanden vor drei Jahren statt. Bei diesem ersten Treffen in Monaco war ihnen schnell klar, wie sinnvoll eine potenzielle Fusion wäre, sodass sie gleich eine strategische Annäherung ins Auge fassten. Nach dreijährigen Verhandlungen unterzeichneten unseren beiden Unternehmen sodann einen Fusionsvertrag. Nachdem Antoine Darioli und Georges de Preux gemeinsam, ohne Unterstützung durch M&A-Berater, die Bedingungen für die Annäherung festgelegt hatten, haben sie miteinander entschieden, die gleiche Anwaltskanzlei zu beauftragen.
„Durch die Fusion verfügen die beiden Mitglieder der neuen Gruppe über die notwendigen Mittel für ihre Ambitionen.“
Welche Identität wird die neue Gruppe haben?
Die Unternehmen der beiden Gruppen gehen in die Probus Holding über. Im zweiten Schritt werden ihre schweizerischen Vermögensverwaltungsgesellschaften unter dem Firmennamen Pleion fusionieren. Alle ausländischen Vermögensverwaltungsfirmen für Privat- undinstitutionelle Kunden oder Investmentfonds werden zunächst in ihrer jeweiligen Form und unter ihren bisherigen Firmennamen weitergeführt. Probus Advisory und Probus Trustees setzen ihre Geschäfte in den Bereichen Finanzplanung resp. Trusts fort.
Wie werden die jeweiligen Stärken zusammengefasst, um Synergien zu erzeugen?
Es geht eher um Komplementaritäten als um Synergien. Aus historischer Sicht waren beide Gruppen stets bestrebt, den Kunden in den Mittelpunkt ihres Produktund Dienstleistungsangebots zu stellen. Die Pleion-Gruppe wird in diesem Zusammenhang ihre Infrastruktur ausbauen, indem insbesondere die Entwicklung eigener IT-Tools hinzukommt. Ziel ist, Family-Office-Dienstleistungen anzubieten. Pleion setzt nun auch verstärkt auf Kundennähe und hat zu diesem Zweck zuletzt drei neue Filialen in der Schweiz eröffnet. Insgesamt verfügt das Unternehmen
nun schweizweit über sechs Büros.
Probus zeichnet sich durch Asset-Management- Kompetenzen aus. Die Gruppe hat eine eigene quantitative Methodik für die Aktienauswahl entwickelt. Ihre Nischenfonds werden von Teams verwaltet, die in ihren Gesamt-Anlageprozess integriert sind. Ihre weltweite Präsenz, unter anderem in Dubai, ist ein Schlüsselfaktor der zukünftigen Konzernstrategie.
„Ein weiteres Ergebnis dieser Fusion ist eine Diversifizierung der Kunden der Gruppe. Die meisten Kunden von Pleion sind Schweizer oder in der Schweiz ansässig, während Probus eher internationale Kunden mit Sitz in Europa und dem Nahen Osten hat.“
Neben Dubai hat Probus auch Niederlassungen in Genf, Moskau und in Asien. Pleion wiederum ist in Genf, Nyon, Sitten, Verbier, Bern, Zürich, Monaco, Mauritius und Luxemburg präsent. Hatten Sie vor, die internationale Expansion fortzusetzen?
Pleion wollte schon lange ein Büro in Dubai eröffnen. Probus wiederum setzte auf die lokale Expansion in der Schweiz und eine Neuausrichtung in Luxemburg. Allerdings unterlagen beide Gruppen zahlreichen Zwängen: Die Kosten ihrer Vorhaben waren hoch und die Verfahren für den Erhalt von Lizenzen langwierig; zudem war es schwierig, Mitarbeiter mit echten Fachkompetenzen zu gewinnen. Durch die Fusion verfügen die beiden Mitglieder der neuen Gruppe über die notwendigen Mittel für ihre Ambitionen, und sie können eine konkrete
geografische Expansionsstrategie umsetzen. Ihre Netzwerke und ihre Tätigkeitsbereiche ergänzen sich perfekt.
Ein weiteres Ergebnis dieser Fusion ist eine Diversifizierung der Kunden der Gruppe.
Die meisten Kunden von Pleion sind Schweizer oder in der Schweiz ansässig, während Probus eher internationale Kunden mit Sitz in Europa und dem Nahen Osten hat.
Die Schweiz wird mit Sicherheit ein Entwicklungsschwerpunkt bleiben. Die Gruppe möchte dank ihrer aktiven Präsenz vor Ort die engen Verbindungen mit ihren Kunden fortsetzen und verstärken. 2020 ist Pleions verwaltetes Vermögen in der Schweiz um 100 Millionen Franken gestiegen. Auf diesem Markt sind neue Kunden zur Gruppe gestossen, die sich in einer schwierigen Phase womöglich von ihren bisherigen Vermögensverwaltern vernachlässigt gefühlt haben.
„Die Margen auf das verwaltete Vermögen sind seit 15 Jahren unter Druck. Eine kritische Grösse zu erreichen, ist für uns ein Weg hin zur Realität des Marktes.“
Erlaubt die Fusion Pleion, sich neu zu erfinden, nachdem man das «Offshoring» der europäischen Kunden in den Jahren 1980, 1990 und 2000 erlebt hat?
Auf jeden Fall! Die Fusion zeigt, dass man sich neu erfindet. Die Margen auf das verwalteten Vermögen sind seit 15 Jahren unter Druck. Eine kritische Grösse zu erreichen, ist für uns ein Weg
hin zur Realität des Marktes. 4 Milliarden Franken an verwaltetem Vermögen, 200 Mitarbeiter, 13 Büros in der Schweiz und dem Ausland: Das bedeutet, dass wir, um einen Ausdruck aus der Sportwelt aufzugreifen, einen Gang höher schalten, um neue Herausforderungen anzugehen.
Pleion hat aber bereits vor der Fusion begonnen, sich neu zu erfinden. 2019 haben wir von der FINMA die Zulassung als Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen erhalten. Ausserdem haben wir unser Family-Office-Angebot ausgebaut, indem wir massiv in unsere IT-Abteilung investiert haben. Damit konnten wir intern Konsolidierungstools entwickeln, die die spezifischen
Anforderungen unserer Kunden erfüllen. Ebenso bieten wir Personen und Unternehmen Unterstützung beim Umzug in mehr als zehn Länder an. Diese Unterstützung, die mit den Dienstleistungen eines Family Office vergleichbar ist, geht weit über den Erwerb einer Aufenthaltsgenehmigung hinaus und umfasst beispielsweise die Suche nach Immobilien, Personal oder einer Schule für die Kinder sowie multidisziplinäre globale Unterstützung bei der Niederlassung in einem anderen Land.
Ausserdem erfinden wir uns neu, indem wir den Vertrieb unseres Vorsorgeangebots umstellen. Wir haben begonnen, unser Know-how in der institutionellen Vermögensverwaltung und dem schweizerischen Vorsorgesystem weiterzugeben. Im Ausland zählen bereits manche «Big Four» sowie Pensionskassen von börsenkotierten Gesellschaften zu unseren Kunden.
Um den Anforderungen unserer UHNWKunden nachzukommen, haben wir darüber hinaus ein Angebot an dedizierten Fonds für verschiedene Länder aufgebaut. Auch das Corporate-Finance-Geschäft fügt sich nahtlos in unser Wertesystem ein. Sein Schwerpunkt liegt zurzeit auf der Emission von zumeist börsenkotierten Schuldverschreibungen. In Mauritius haben wir die ersten börsenkotierten Obligationen ohne Unterstützung durch Banken emittiert und gerade erst die bisher grösste Emission von Obligationsanleihen des Landes abgeschlossen. Ein Angebot im Bereich «Green Bonds» ist in Vorbereitung.
Was würden Sie Verwaltungsgesellschaften raten, die fusionieren wollen?
Ich habe nur einen Ratschlag für Verwalter, die eine Fusion planen: Hören Sie aufeinanderzu und nehmen Sie sich Zeit. Fusionen scheitern oft daran, dass das Ego der jeweiligen Führungskräfte einfach zu gross ist. Das musste ich selbst erfahren, als die Fusion zwischen Swissair, SAS und KLM nicht zustande kam, obwohl man sich über die Notwendigkeit dieser Allianz einig war.